Das Berliner Frauennetzwerk (bfn) warnt in einem offenen Brief eindringlich vor den geplanten Kürzungen im Gleichstellungshaushalt. Ab 2026 sollen im Land Berlin 2,5 Millionen Euro weniger für Frauen- und Gleichstellungsprojekte bereitgestellt werden. Für einen Bezirk wie Spandau, der bereits jetzt überdurchschnittlich viele Fälle häuslicher Gewalt verzeichnet, sind diese Kürzungen besonders einschneidend. Schon jetzt zeichnet sich ab, wie wertvolle Strukturen verloren gehen – mit direkten Folgen für betroffene Frauen.
HÎNBÛN ist eine zentrale Anlaufstelle für migrantische und geflüchtete Frauen. Hier erhalten Betroffene von Gewalt Beratung, Schutz und Empowerment – in mehreren Sprachen, kulturell sensibel und niedrigschwellig. Doch 2026 geht eine halbe Sozialarbeitsstelle verloren. Für die Frauen bedeutet das längere Wartezeiten, weniger Beratungsangebote und weniger Sprachmittlung – in einem Bezirk, in dem die Nachfrage stetig wächst.
Mit dem Wegfall einer ganzen Stelle für den Interkulturellen Frauentreff des Gemeinwesenvereins Haselhorst verliert Spandau einen niedrigschwelligen Zugang zum Hilfesystem. Für viele Frauen war der Treff in Siemensstadt der erste geschützte Ort, um Vertrauen zu fassen, Fragen zu stellen und Kontakte zu Beratungsstellen aufzubauen. Ohne ihn droht vielen der Weg ins Hilfesystem versperrt zu bleiben.
Außerdem beklagt Spandau den Weggang des südost Europa Kultur Vereins aus dem Bezirk. Anfragen von Ratsuchenden aus dem südosteuropäischen Kulturkreis landen nun unter anderem direkt bei HÎNBÛN. Wenn Angebote verschwinden, bleibt die Last nicht unverteilt – sie trifft die verbleibenden Frauenprojekte mit voller Wucht.
Trotz der schwierigen Haushaltslage hat der Bezirk Spandau unter großer Kraftanstrengung eine Kürzung der bezirklichen Förderung der Spandauer Fraueninfrastruktur verhindert und versucht, auch die Folgen der dargestellten Kürzungen der Landesmittel für Spandau einzudämmen.
Denn die Kürzungen haben gravierende Folgen:
- Niedrigschwellige Angebote fallen weg, und gerade für Frauen mit Sprach- oder Zugangshürden gibt es kaum Alternativen.
- Beratungsstellen geraten an die Kapazitätsgrenze und können nicht mehr alle Anfragen auffangen.
- Für betroffene Frauen bedeutet das konkret: längeres Warten, weniger Beratung, geringere Chancen der Gewalt zu entkommen.

Für Frauen, die Gewalt erleben, bedeutet das ein massives Risiko. Wozu das führen kann, haben wir erst im Frühjahr in Spandau gesehen: Am 3. April 2025 kam es im Falkenhagener Feld zu einem gewaltsamen Femizid. Eine Spandauerin wurde in ihrem Zuhause von ihrem eigenen Mann ermordet. Bei einer Gedenkveranstaltung vor dem Rathaus Spandau am 16. April 2025 betonte HÎNBÛN mit bezirklichen Kooperationspartner*innen die dringende Notwendigkeit, die Istanbul-Konvention lückenlos umzusetzen.
Fachtag „Häusliche Gewalt und die Auswirkungen auf Kinder“
In Kooperation mit Juliane Fischer-Rosendahl (Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte Spandau) und dem Jugendamt Spandau war HÎNBÛN Teil des Fachtags „Häusliche Gewalt und die Auswirkungen auf Kinder“ am 19. November 2025 auf der Zitadelle. Kinder, die häusliche Gewalt miterleben, sind immer stark mitbetroffen. Wenn ihre Mütter zusätzlich mit Flucht- und Migrationserfahrungen, unsicherem Aufenthaltsstatus, Sprachbarrieren, sozialer Isolation und Diskriminierung konfrontiert sind, verschärfen diese Mehrfachbelastungen auch die Situation der Kinder. In einem Workshop beleuchtete HÎNBÛN diese besonderen Herausforderungen, zeigte Auswirkungen auf die Lebenswelt der Kinder auf und lud Fachkräfte dazu ein, mit praxisnahen Handlungsansätzen Kinderschutz kultur- und diskriminierungssensibel zu gestalten.
25. November 2025: Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen

Am 25.11.2025, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen starteten wir mit einem Workshop zum Gewaltschutz im Rahmen der Istanbul Konvention im HÎNBÛN. Gewalt hat viele Formen – Schutz hat viele Wege. In dem Workshop tauschten sich die Teilnehmerinnen zu den Fragen: Wie schütze ich mich und meine Kinder vor Gewalt? und Was stärkt uns? aus.
Anschließend traten wir auf der Demonstration am Brandenburger Tor unter dem Motto „Kürzt ihr uns zu Tode?“ lautstark für ein gewaltfreies Leben für alle Frauen* in Berlin ein. Denn Gewaltprävention darf nicht am Rotstift scheitern – Schutz vor Gewalt ist unverzichtbar.
Der Tag wurde abgerundet mit dem ökumenischen Frauengottesdienst „Femizide – Frauen wollen leben!“ in der Katholischen Kirche St. Ansgar.
